
(Kai Littmann) – Langsam versteht man, was der französische Präsident unter „Energiewende“ versteht: Er produziert zu diesem Thema so viel heiße Luft, dass man damit gleichzeitig eine Fernwärme-Anlage und ein paar Windräder antreiben könnte. Bei der von viel Publicity-Lärm begleiteten Umweltkonferenz in Paris kam ein ganzer Maßnahmenkatalog heraus, der nichts und niemanden zu kaum etwas verpflichtet. Man versteht, warum seine Koalitionspartner von den Grünen langsam die Geduld verlieren.
Was uns am Oberrhein natürlich besonders interessiert, ist die Frage der Schließung von Fessenheim. Was dieses Thema anbelangt, ist François Hollande mit sich und der Welt zufrieden. Wie schön für ihn. Die von ihm erwähnten Fortschritte in dem Vorgang der Schließung des ältesten Atommeilers Frankreichs sieht aber außer ihm niemand. Im Gegenteil – der Stromgigant EdF hat gerade erst wieder 10 Millionen Euro in Ausbesserungen investiert und die Betriebsgenehmigung für Fessenheim wurde gerade erst um weitere 10 Jahre verlängert. Bemühungen um die Schließung von Fessenheim sollten eigentlich anders aussehen. Insofern dürfen jetzt Wetten abgeschlossen werden – wird Fessenheim vor den nächsten Präsidentschaftswahlen in Frankreich abgeschaltet? Wohl kaum.
Abgesehen davon, dass es immer noch keine entsprechende gesetzliche Grundlage für die Energiewende in Frankreich gibt, hat Hollande nur wohlfeile Absichtserklärungen parat, von denen jeder weiß, dass er sie nicht umsetzen wird. Die Forderung, Frankreich möge seinen Energieverbrauch bis 2050 halbieren, ist sehr intelligent und wäre noch um einiges intelligenter, wenn er auch nur ansatzweise erläutert hätte, wie er das bewerkstelligen will. Zumal seine aktuellen Zustimmungs- und Sympathiewerte, die nur knapp über 20 % liegen, nicht gerade darauf hinweisen, dass er nach 2017 immer noch Präsident der Franzosen sein wird. Vor diesem Hintergrund sind Forderungen wie die nach der Halbierung des Energieverbrauchs nichts anderes als „politische Kommunikation“, die gut klingen, aber Lichtjahre von einer Umsetzung entfernt sind.
Gute Ratschläge für die europäischen Partner hat Hollande auch parat. So möchte er, dass die EU ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um 40 % senkt – bisher waren auf Ebene der EU 20 % geplant. Besonders spannend auch bei diesem Vorschlag ist, dass wiederum keinerlei Hinweis darauf gegeben wurde, wie er das bewerksteilligen will. Aber klasse, dass der französische Präsident so gute Ratschläge an die EU hat, die vor allem einen Vorteil bieten – er selber muss nichts unternehmen, es kostet kein französisches Geld und es klingt so, als engagiere sich Hollande für Umweltschutz und Energiewende.
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Der mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche Energie-Monopolist EdF verdient weiter gutes Geld mit 58 französischen Atomanlagen, Frankreich ist im Bereich der erneuerbaren Energien weit, sehr weit hinter anderen europäischen Ländern zurück (Windparks sind ein in Frankreich nach wie vor inexistentes Konzept; Biomasse spielt keine nennenswerte Rolle und andere erneuerbare Energien kommen nicht in die Gänge), der politische Einfluss der EdF ist nicht zu umgehen und es fehlen nicht nur die Mittel, sondern vor allem der gesellschaftliche Konsens zu einer Energiewende, zumal die Politik auch keinerlei Anstrengungen unternimmt, einen solchen Wandel gesellschaftlich tragfähig zu machen.
Die einzige Maßnahme, die Hollande konkret umsetzen könnte, ist eine so genannte „CO2-Abgabe“, die ab 2014 auf CO2-Emissionen von Heizöl, Benzin, Gas und Kohle erhoben werden soll. Diese Steuer, die natürlich nicht Steuer deklariert wird, sondern als „Abgabe“ bezeichnet wird (immerhin hatte Hollande gerade erst einen „Steuer-Stopp“ verkündet...), soll dann schrittweise erhöht werden, um dann jährlich bis zu 4 Milliarden Euro in die klammen Kassen zu spülen. Dafür soll die Mehrwertsteuer für Wärmeisolierungen in Eigenheimen auf 5 % gesenkt werden. Eine seltsame Maßnahme für einen sozialistischen Präsidenten: er entlastet die Wohlhabenenden und belastet durch die CO2-Abgabe energieintensive Branchen, die Autofahrer und weite Teile der Bevölkerung.
Bei so viel heißer Luft würde es sich langsam wirklich lohnen, ein Windrad vor dem Elysee-Palast aufzubauen – mit dieser heißen Luft könnte man schon mal wenigstens den Energieverbrauch des Präsidentenpalastes decken...
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